Huitlacoche
Ein mexikanischer Gruß aus dem Maisfeld
Ein mexikanischer Gruß aus dem Maisfeld
Zur Zeit der Maisreife können wir auf Mais-Äckern an manchen Maispflanzen seltsame weiße bis schwarze, beutelartige Auswüchse wahrnehmen. Es handelt sich dabei um eine Pilzart, den sogenannten Maisbeulenbrand (Ustilago maydis) oder einfach Maispilz. Dieser Schädling befällt Maispflanzen an Stängel und Blättern und sehr häufig an den Kolben. Ein geringer Befall des Pilzes bedroht die Maisernte im allgemeinen nicht und ist nicht schädlich für Tiere, in deren Futter er ja landen könnte. Wenn er jedoch häufig und vereinzelt auch in Massen auftritt, kann er das Erntegut ganzer Äcker qualitativ völlig zerstören. Bei hiesigen Landwirten ist er deshalb verständlicherweise ein nicht gerne gesehener Gast.
Der Maisbeulenbrand oder Maispilz gehört zur Gruppe der Schlauchpilze und steht damit den Morcheln und Trüffeln näher als den meisten uns bekannten Speisepilzen. In Deutschland ist er als Speisepilz bisher jedoch leider ein weitgehend unbeschriebenes Blatt.
Des einen Leid ist des anderen Freud.
In Mexiko und im Südamerikanischen Raum dagegen wird der Huitlacoche oder Cuitlacoche, wie er dort genannt wird, gängig als Nahrungsmittel und Delikatesse angeboten. Er wird dort mit Knoblauch und anderen Zutaten gebraten auf Tacos und Quesadillas serviert oder zu Suppen und in Aufläufen verarbeitet. Insofern ist man dort, über das Erscheinen der seltsamen Auswüchse sehr erfreut. Er wird dort gezüchtet und ist sogar in Konservendosen erhältlich.
In Deutschland und Europa findet man ihn lediglich vereinzelt auf Speisekarten der gehobenen Gastronomie, wo er deshalb unter der doch etwas fälschlichen Bezeichnung Mexikanische Trüffel, entsprechend des amerikanischen Namens “mexican truffle” angeboten wird, oder eben in gehobenen mexikanischen Restaurants auch in den USA. In der Schweiz ist er laut Speisepilzverordnung als marktfähiger Speisepilz zugelassen.
Am besten selbst suchen.
Im üblichen Marktangebot Deutschlands ist Huitlacoche nicht vorhanden und als marktgängiger Speisepilz nicht zugelassen. Im Internet findet man dennoch Seiten von Händlern mexikanischer Delikatessen, auf denen Huitlacoche angeboten wird.
Es bietet sich an die Pilze einfach selbst zu suchen und sammeln, denn: Frische ist der beste Koch!
Die Pilze sind unverwechselbar. Ähnliche Pilze auf Maispflanzen gibt es nicht. Zumindest nicht bei uns. Natürlich sollte man sich immer trotzdem schlau machen!
Die beutel- bis hornförmigen Fruchtkörper sind im jungen unreifen Zustand weiß, öffnen sich dann bei der Reife und entlassen Millionen von schwarzen Sporen in pulvriger Form. Geöffnete Fruchtköper sind zur Verwendung ungeeignet.
Ähnlich wie die häufigen Bovisten oder Stäublingen (Staubpilze), deren reife Fruchtkörper wir als Kinder mit Freude zertraten, da sie dabei mit einem Knall aufplatzen und spektakulär aufstäuben.
Kulinarisch verwendet werden die noch geschlossenen Pilzkörper des Maispilzes, dessen Inneres bereits mit der schwarzen Sporenmasse des Pilzes gefüllt ist. Die Sporen im noch geschlossenen, unreifen Stadium sind dagegen noch feucht und stäuben natürlich noch nicht. Zur Beruhigung: Auch reife, schwarze, stäubende Fruchtkörper sind nicht giftig!
Eine feine und milde Überraschung
Entsprechend Sporenfarbe werden die Speisen aus und mit Huitlacoche schwarz gefärbt. Der optische Eindruck ist sicherlich zunächst befremdlich und wirkt wenig einladend. “Überraschenderweise”? besitzt der gekochte Pilz ein mildes, sehr angenehmes, pilzartiges, süßliches Aroma. Eine leicht würzige Komponente ist das auch in Liebstöckel, Ahornsirup und alten Portweinen enthaltene Sotolon. Daneben sind auch die Aromen Vanillin und Glucose inhaltlich nachgewiesen.
Warum also sollte dieser heimische, häufige und bislang unerkannter Leckerbissen in Zukunft nicht in größerem Maße Einfluß auf unseren Speiseplan nehmen?
Text: Arnulf Schultes (s. Arnulfs Naturwelt)